Agaven
oder: Von der Geduld des Gärtners

"Jahrhundertpflanzen" werden sie auch genannt, die Vertreter der Gattung Agave, die bei vielen Pflanzenliebhabern und auch in jedem Botanischen Garten gepflegt werden. Abgesehen von den ganz kleinen Arten wird man aber auf die spektakuläre Blüte oftmals viele Jahre oder sogar vergeblich warten müssen.

Agave attenuata im Sukkulentenhaus (01/13)
Agave attenuata im Sukkulentenhaus (01/13)

Im ersten, dem vegetativen Abschnitt ihres Lebens baut die Pflanzen eine Rosette auf, die eine bestimmte Größe erreichen muss, damit ausreichend Reservestoffe gespeichert werden können. Bei kleineren Arten, wie Agave victoria-reginae sind das dann Rosetten von 30-40 cm Durchmesser, bei riesigen Arten wie A. franzosinii messen sie 4,5 m!

Im zweiten Abschnitt ihres Lebens, der dann nur wenige Wochen dauert, wird ein Blütenstand gebildet, der von peitschenartigen und 1 m lang wie bei A. polianthiflora bis zu gewaltigen, dickstämmigen und bis zu 12 m hohen Infloreszenzen wie bei A. franzosinii reichen kann. Bei der Blütenstands- und Fruchtbildung werden alle Reservestoffe aufgebraucht, was schließlich zum Absterben der Pflanze führt.

Der Aufbau dieser Rosetten dauert in mitteleuropäischer Topfkultur, die den Pflanzen neben zu wenig Wasser auch zu wenig Nährstoffe zur Verfügung stellt, oftmals viele Jahrzehnte. So begründet sich auch die alte Bezeichnung „Jahrhundertpflanze“, da man früher glaubte, dass Agaven diese Zeitspanne zur Entwicklung bis zur Blüte benötigen.

Etwa 180 Arten werden klassischerweise in zwei Untergattungen gegliedert, die sich anhand des Blütenstandes leicht unterscheiden lassen. Bei der Untergattung Agave baut sich der Blütenstand aus vielen doldigen und lang gestielten Teilinfloreszenzen auf, während bei der Untergattung Littaea der Blütenstand ein ähriges Bild ergibt. Vor einigen Jahren wurde 40 Arten umfassende Gattung Manfreda als Untergattung zu Agave eingegliedert. Deren Blütenstände sind meist rispig aufgebaut.

Die Gattung ist in allen Trockengebieten Zentral-Amerikas, von den Südstaaten der USA bis in die nördlichen Gebiete von Südamerika und auf den karibischen Inseln beheimatet. Viele Arten werden weltweit kultiviert und einige haben sich, nach dem „Ausbüchsen“aus der Kultur, in tropischen und subtropischen Gebieten auch eingebürgert.

Neben ihrer breiten Verwendung als Zierpflanze haben einige Arten auch als Nutzpflanzen eine hohe Bedeutung. So wird aus Agave sisalana die bekannte Sisal-Faser gewonnen, die man vor allem zu Seilen und Tauen verwendet. Aus A. tequilana wird in Mexiko, besonders in der Region Oaxaca, der Mezqual hergestellt, ein Destillat aus vergorenen Agavenherzen. Der berühmte Tequila ist ebenfalls ein Mezqual, der aber nur in der Umgebung der Stadt Jalisco hergestellt werden darf.

Standort im Garten: Sukkulentenhaus, Sommersukkulentenbeet

Sven Bernhard, Nov. 2005
Text: Botanischer Garten, BG aktuell 240 (wird in neuem Tab geöffnet)