Lathraea clandestina L. – Schuppenwurz

Zu den nur wenige Wochen im Jahr sichtbaren Pflanzen des Botanischen Gartens zählt die Schuppenwurz-Art Lathraea clandestina L. (vgl. den Namen: clandestinus – verborgen!). Nur kurze Zeit sind die Blütenstände mit ihren verhältnismäßig großen, zartviolett gefärbten Blüten sichtbar. Die Infloreszenzen erheben sich im Gegensatz zu den der anderen etwa sechs anderen Arten der Gattung kaum über den Boden.

Die einheimische Schuppenwurz Lathraea squamaria L. z.B. hat etwa 30 cm hohe, an der Spitze etwas umgebogene Blütenstände mit fleischfarbenen Blüten und kommt im Unterholz feuchter (Auen-)Wälder auf feinerdigen, humusreichen Böden vor, wobei in Deutschland die Westgrenze ihres Areals verläuft. L. clandestina hingegen zeigt ein westeuropäisches Areal von Belgien bis Spanien und S-Italien.

Alle Arten der Gattung sind Vollparasiten, die im Hinblick auf die Versorgung sowohl mit Wasser und Mineralsalzen als auch mit Assimilaten (Kohlenhydraten) auf ihre Wirte angewiesen sind. Hierbei handelt es sich hauptsächlich um Gehölze; bei L. clandestina ist das Gattungsspektrum sehr groß: dokumentiert sind u.a. Weide, Pappel, Hasel und Zucker-Ahorn. In Darmstadt kommen noch Ulme, Rhododendron und wahrscheinlich Parrotia bzw. Hamamelis dazu. Auch wird von Coniferen als Wirten berichtet.

Nach der Samenkeimung, die nur in ausreichender Nähe zur Wirtswurzel (< 1cm) stattfindet, dringen Nährorgane (sog. Haustorien) in die Wurzeln ein und nehmen Wasser, Salze und vor allem Assimilate auf. Wichtig ist in dieser Phase die Größe der Wurzel: ist sie zu klein, stirbt sie nach dem Befall mit dem Haustorium ab, ist sie schon zu groß und an der Oberfläche zu stark verholzt, gelingt das Eindringen nicht.

Die Lathraea-Arten bilden an fleischigen, verzweigten und nur unterirdisch (bis 1 m Tiefe!) lebenden Sprossen bleiche, schuppenförmige Blätter aus. Diese Blätter besitzen ein Kammersystem: von einem gemeinsamen ‚Vorhof‘ an der Basis der Blattunterseite strahlen wie Bergwerksstollen längsgestreckte Kammern in das Innere der Spreite aus. Für diese Schuppen wurde die Bezeichnung Kammerschuppen vorgeschlagen. Im Inneren sind diese Schuppen dicht mit Drüsen besetzt, die Wasser ausscheiden. Und hier scheint auch die Hauptfunktion dieser Schuppen zu liegen: Parasiten sind darauf angewiesen, eine hohe Saugkraft zu entwickeln, um dem Wirt Flüssigkeit mit den darin gelösten Stoffen entnehmen zu können. Bei der unterirdischen Lebensweise scheidet die Transpiration als ‚Motor‘ beim Aufbau einer Saugspannung aus, ersetzt wird die Verdunstung durch die aktive Wasserausscheidung mit Hilfe der Kammerschuppen.

Standort im Garten: Entlang des Darmbachs an verschiedenen Stellen, so unter der Parrotie an der Brücke beim asiatischen Alpinum.

© Dr. STEFAN SCHNECKENBURGER, April 2000 Text: Botanischer Garten TU Darmstadt (BGaktuell147 (wird in neuem Tab geöffnet) )