Etikettierung
Die Etiketten der Pflanzen nennen vor allem den wissenschaftlichen, weltweit gültigen und verstandenen Namen. Ist ein deutscher oder auch anderer gebräuchlicher Name der modernen Sprachen geläufig, wird er auch aufgeführt. Die Angabe der Pflanzenfamilie (endet immer mit –aceae), die natürliche Verbreitung oder eine besondere Nutzung ergänzen das Etikett. Ein für die Besucher_innen erst einmal unwichtig scheinender Teil ist ein Buchstaben-Zahlencode, der die Identifikation genau dieser Akzession über die Datenbank ermöglicht. Diese „Akzessionsnummer“ begleitet auch den Samen bei der Weitergabe auf dem Weg des internationalen Samentauschs und wird im empfangenden Garten dokumentiert.
Dokumentation und Datenbank
Die einzelnen Zugänge (Akzessionen) im Bestand eines Botanischen Gartens werden nach Möglichkeit genau dokumentiert: Herkunftsdaten wie Sammelort und Sammeldatum (auch bei durch Tausch erworbenen Pflanzen), Zustand, Weitergabe an andere Gärten etc., Ort im Garten, Verwendung im Samenkatalog, Kultur- und Bestimmungshinweise, Herbarbeleg. „Akzession“ ist etwas anderes als „Art“: Von einer Art können in einem Garten (z.B. bei Schutzsammlungen und Erhaltungskulturen) verschiedene, strikt getrennt zu haltende Akzessionen vorhanden sein. Deshalb: Niemals Etiketten entnehmen, vertauschen oder an die „richtige“ Art stecken. Etiketten gehören zu einer Akzession und tragen die entsprechende, nur einmal vergebene Nummer.
Früher führte man Akzessionsbücher oder Karteien, heute bedient man sich moderner Datenbanken.
Herbarium
Zur Dokumentation der Bestände wird von jeder Sippe aus dem Bestand nach Möglichkeit ein Herbarexemplar angelegt. Ein Teil der Pflanze (oder bei einjährigen Pflanzen die ganze Pflanzen) mit den charakteristischen und bestimmungsrelevanten Details (Blüten, Blätter von oben, von unten, Früchte, Wurzeln, …) wird gepresst und dabei getrocknet und dann auf weißen Papierbögen montiert. Sie sind jederzeit einsehbar, erlauben Quervergleiche verschieden benamter Pflanzen und können Spezialisten präsentiert werden. Jeder erfahrene systematische Botaniker ist mit dieser Technik und auch dem Aussehen eines solchen Belegs aus dem „Heustadl“ vertraut. Ggf. können Blüten entfernt und mit Netzmittel oder durch kurzes Aufkochen wieder dreidimensional beurteilbar gemacht werden. Das Gartenherbarium, mit dessen Anlage 1994 begonnen wurde, umfasst zur Zeit etwa 12.000 Belege.
Index Seminum
Seit mehreren hundert Jahren und auch über kriegerische Zeitläufte hinweg geben Botanische Gärten untereinander Saatgut weiter bzw. bieten es zum Tausch an. Früher war ein solcher Index Seminum eine gedruckte Broschüre; heute finden Angebot und Bestellungsabwicklung bis auf den endgültigen Versand auf digitalem Weg statt. Der Tausch ist für den Besteller kostenfrei – die Versandkosten trägt traditionell der versendende Garten.
Forschung und Lehre
Der Pflanzenbestand eines Botanischen Gartens wird auch für Forschung und Lehre genutzt.
Eine Reihe von Abschlussarbeiten entstanden hier, betreut von Dr. Stefan Schneckenburger (Leitung) und Dr. Kerstin Reifenrath (Grünes Klassenzimmer) – neben Bachelor-Arbeiten waren es Hausarbeiten für das Erste Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien. Themen waren Moose und Flechten, Blüten und Blütenstände, Pollen und das Sammelverhalten der Bienen des Botanischen Garten, Unterrichtseinheiten für das Grüne Klassenzimmer. Seit vielen Jahren beteiligt sich der Botanische Garten an der Lehre: Beigesteuert werden die Vorlesung zur Systematischen Botanik, Praktikum zur Blütenbiologie und Teilnahme an der Ringvorlesung zur Evolutionsbiologie.
Eigene Forschungen betreffen die Geschichte des Frühdarwinismus in Deutschland und Brasilien und das Thema „Pflanzen und Literatur“. Aktuelle ist die Transkription der Briefe Fritz Müllers (Blumenau/Brasilien) an Ernst Haeckel (Jena) ist abgeschlossen und ihre Publikation samt eines ausführlichen Kommentars in Vorbereitung. Ein Buch zu den „Grünen Welten Shakespeares“ und den Pflanzen in seinen Stücken steht kurz vor der Fertigstellung.
Durch die intensive Etikettierung der meisten Pflanzen und der etwa 300 Informationsblätter „Botanischer Garten Aktuell“ ist es den Lernenden aller Altersstufen und Herkunft möglich, sich an den Pflanzen des Gartens nicht nur zu erfreuen, sondern – gemäß unseres Mottos – auch zu lernen. Umgekehrt gilt dieser Satz auch: der Schmuckwert der Pflanzen steht hinter ihrem Informationsgehalt zurück.