1814 bis 1900
Die Geschichte des Botanischen Gartens Darmstadt beginnt im Jahr 1814. Zu dieser Zeit wurde der Schlossgraben des Darmstädter Schlosses mit dem Wasser des Darm-und Soderbachs versorgt, wobei in beide Abwässer der benachbarten Altstadt geleitet wurden. Dieses führte in den Sommermonaten zu einen unerträglichen Gestank des Grabens. Johannes Hess (1786-1837), ein auch an der Botanik interessierter großherzoglicher Baurat, schlug deshalb eine Trockenlegung und die Gründung eines botanischen Gartens auf dem neu gewonnenen Gelände vor. Am 17. Juni 1814 stimmte der Großherzog den Plänen von Hess zu und somit können wir dieses Datum als den Geburtstag des botanischen Gartens ansehen.
In der wissenschaftlich geplanten Anlage wurden in erster Linie einheimische Pflanzen – vorrangig krautige Vertreter – kultiviert. Mit der gärtnerischen Pflege wurde zunächst der damalige Hofgärtner Johann August Schnittspahn (1763-1842) betraut. Über den Pflanzenbestand des ersten Botanische Gartens und den Sammlungen, die wohl auch Pflanzen anderer Gärten und der Orangerie umfassten, wissen wir durch einen Bestandskatalog, den „Elenchus Plantarum Horti Botanici“ von Johannes Hess aus dem Jahr 1824 gut Bescheid. ( (wird in neuem Tab geöffnet) ). Schon bald erwies sich die Anlage als völlig unzureichend, und so erfolgte 1829/30 eine Verlegung in das Herrschaftliche Bosquett, den heutigen Herrngarten, wo der botanische Garten bis 1838 verblieb. Unter der gärtnerischen Leitung von Johann August Schnittspahn und seinem Sohn Gottfried Schnittspahn (1790-1845) entstand in Zusammenarbeit mit Hess eine neue Anlage, die 1831 offiziell eröffnet wurde. Digitalisierte Fassung inkl. Übersetzung als PDF
Im Jahre 1830 wurde (1810-1865; nach ihm auch der Name der Straße am heutigen botanischen Garten), ein jüngerer Bruder Gottfrieds, zum Garteninspektor ernannt. Er war der erste Direktor des Gartens (ab 1855) und gleichzeitig Lehrer an der höheren Gewerbeschule, dem Vorläufer der heutigen Technischen Universität Darmstadt. Georg Friedrich Schnittspahn
1832 hat dann Johannes Hess eine höchst innovative Übersicht über die Familien der Höheren Pflanzen publiziert. (Die Publikation findet sich heute im Archiv der ULB . Dazu ein Aufsatz von S. Schneckenburger zur Einordnung hier (wird in neuem Tab geöffnet) .) hier
Nach einer erneuten Verlegung fand der Garten bis 1848 ein Unterkommen in der Gegend des heutigen Mercksplatzes. Wieder erfolgte dann ein Umzug: In den Jahren 1849 bis 1863 fand man ihn in der Gegend des Wilhelminenplatzes. Hier befand sich bereits ein Garten mit zwei Gewächshäusern, und so wurde es erstmalig möglich, Warmhauspflanzen zu kultivieren. Aber auch hier musste der Garten 1864/65 dem Bau des Neuen Palais weichen. Seine neue Bleibe war ein 1 Hektar großes Pachtgelände im Meiereipark an der Frankfurter Straße. Schon bald erwies sich dieses Gelände als zu klein. Es war allen Beteiligten klar, dass der Garten langfristig auf einem größeren Grundstück angesiedelt werden musste.
Auf Staatskosten konnte das Grundstück der Achensmühle (benannt nach einem Kanzleirat aus Darmstadt) östlich des Woogs an der Roßdörfer Straße erworben werden; für Gelände und die Verlegung 1874 wurden 35 700 Gulden aufgewendet. Erster Direktor des neuen Gartens und gleichzeitig Professor an der Technischen Hochschule auf dem Gebiet der Mikroskopie, der Zellen- und Gewebelehre war Prof. Dr. (1827-1914), dessen Interesse auch der Dendrologie galt. Im Laufe der Jahre trug er zusammen mit dem gärtnerischen Leiter Peter Schmidt eine heute noch bedeutsame Sammlung ausländischer Gehölze zusammen. Am 1. April 1897 wurde der Garten der Technischen Hochschule Darmstadt angegliedert. Leopold Dippel
1900 bis 1994
Nach Schmidts Tod im Jahre 1888 wurde (1860-1932) zum Garteninspektor ernannt. Durch ihn und seinen Bruder Joseph Anton Purpus , einem berühmten Forschungsreisenden und Sammler, gelangte eine Vielzahl neuer Pflanzen in den Garten. Die Reihe der Garteninspektoren und -leiter wurde 1926 durch Carl Albert Purpus (1876 – 1966) fortgesetzt, einem bescheidenen Mann mit umfassenden Pflanzenkenntnissen und tiefer Frömmigkeit. Friedrich Wilhelm Kesselring
Nach seiner Pensionierung 1947 übernahm der weit über Darmstadts Grenzen hinaus bekannte Dendrologe (1897-1975) das Amt. Von 1965 bis 1992 leitete Achim Ritter (1931-2016) mit großem persönlichem Einsatz den Botanischen Garten. Bis 1994 war Inge Freytag kommissarisch für den Garten verantwortlich. Franz Boerner
1994 bis heute
Ihr schloss sich 1994 PD Dr. Stefan Schneckenburger an, der die Geschicke des Gartens bis 2021 lenkte. In dieser Zeit entstand ein umfangreiches Informationssystem, ein Gartenherbar mit heute etwa 11.000 Belegen wurde angelegt und es fanden zahlreiche Ausstellungen statt. Heute sind die Pflanzenbestände in einer Datenbank erfasst. Verschiedene Gartenteile wie die Systematische Abteilung, das Alpinum und einzelne Gewächshausabteilungen wurden behutsam neu gestaltet. Seit über 10 Jahren gibt in der Pfingstzeit jährlich die viel besuchte Ausstellung „Art of Eden“ zu Kunst und Design im Garten.
Der Botanische Garten ist eng in Forschung und Lehre des Fachbereichs Biologie eingebunden. Über den „Verband Botanischer Gärten“ besteht eine enge nationale und internationale Zusammenarbeit mit anderen Botanischen Gärten und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Während des Sommers 2012 wurde ein Teil der oberen Gewächshäuser erneuert. Seit dieser Zeit gibt es ein „ “, das als besonderes Angebot für Schulen vor allem für ergänzenden Unterricht für Schulklassen und Gruppen von Jugendlichen genutzt wird. Themen sind neben der eigentlichen Botanik Fragen der Biodiversität und Ökologie. Seit 25 Jahren ergänzen regelmäßige öffentliche kostenfreie Gartenführungen das Informationsangebot. Grünes Klassenzimmer
Mit der Spende des Ehepaares Gisela und Wolfgang Kaiser wurde 2016/2017 ein Infopavillon in eigenständiger und ausdrucksstarker Architektur errichtet. Seit 1995 gibt es einen „ “, der diesen in allen Belangen unterstützt und Führungen, Vorträge, Exkursionen und kulturelle Veranstaltungen organisiert. Freundeskreis des Botanischen Gartens
wurde nach über 27 Jahren als zunächst wissenschaftlicher Leiter und später Direktor Ende Februar 2022 in den Ruhestand verabschiedet. Die Leitung des Gartens hat zum 1. Januar 2022 Stefan Schneckenburger übernommen. PD Dr. Simon Poppinga