Stanhopea oculata (LODD.) LINDL
Parfüm für Bienen

Um 1825 wurden die ersten Vertreter der Gattung Stanhopea [nach PHILIP HENRY, Earl of Stanhope (1781-1855), damals Präsident der London Medico-Botanical Society] in den Royal Botanic Gardens von Kew in Kultur genommen und wie üblich in Töpfen kultiviert. Lange blieb die Blüte aus, bis man zufällig in einem zerbrochenen Topf die im Substrat verborgenen Blüten entdeckte. Bei der dann wie bei vielen anderen Epiphyten ebenfalls durchgeführten Kultur in Lattenkörbchen können sich die an der Basis der Pseudobulben gebildeten und nach unten wachsenden Blütenstände frei entfalten. Insgesamt umfaßt die Gattung 67 Arten im tropischen Amerika.

Die senkrecht nach unten hängenden Blüten nun sind erstaunlich groß und von fleischig-wachsartiger Textur. Besonders bemerkenswert ist die Lippe: ein reich strukturierter Basalteil verlängert sich nach einer Einschnürung in eine größere Lippenplatte. An der Engstelle sitzen seitliche, nach oben und parallel zur Säule orientierte ‘Ärmchen’.

männliche Prachtbiene im Moment der Pollinienapplikation
männliche Prachtbiene im Moment der Pollinienapplikation

Die Blüten werden nun von männlichen Prachtbienen (Euglossinae) besucht, die aus einer Höhlung an der Lippenbasis das duftende Blütenöl aufnehmen und in stark vergrößerten Hinterbeinsegmenten speichern (Kapazität bis 30mm!). Dort wird es möglicherweise nicht nur gespeichert, sondern auch chemisch verändert. Auf jeden Fall wird es von den Bienen wieder während eines späteren Fluges verwirbelt und dient wohl zur Markierung der Schwarmbahnen, entlang derer sich die Bienen u.a. paaren. Bei der Aufnahme der Blütenöle werden die Bienen in einen rauschartigen

Zustand versetzt, wobei sie aus der Blüte ‘herausfallen’ und durch die Ärmchen direkt an dem Pollinarium (Pollenpakete mit Stielchen und Klebscheibe) bzw. der Narbe vorbeigeführt werden und diese aufnehmen bzw. sie auf der Narbe abladen und die Blüte bestäuben.

Die Blütenöle (komplizierte Gemische verschiedener Komponenten; auch in Kosmetika eingesetzt) werden von den Bienen nicht als Nahrung aufgenommen, die Futterpflanzen dieser Euglossinen stammen aus ganz anderen Gruppen.

Auch werden diese Parfümorchideen (solche kommen auch in verschiedenen anderen neuweltlichen Gattungen wie Coryanthes, Clowesia, Peristeria vor) nur von Bienenmännchen besucht. Man kann durch das Ausbringen der Blütenöle bzw. ihrer spezifischen Duftkomponenten (z.B. auf an Baumstämmen genagelten Papierstückchen) in den neuweltlichen Tropen stets auch Prachtbienen anlocken.

Standort im Garten: Schaufenster des Orchideenhauses

© Text: Botanischer Garten TU Darmstadt (BG aktuell 40 (wird in neuem Tab geöffnet) )

Männliche Prachtbiene (Euglossa imperialis)

aus der Sammlung GÜNTER GERLACH (Photo: Stefan Schneckenburger).

Man beachte die lange Zunge („eu – glossa“ bedeutet etwa „große Zunge“), die nicht eingerollt werden kann und das Parfümfläschen mit „Delle“ (Öffnungsschlitz) am Hinterbein